Geflüchtet, unerwünscht, abgeschoben

„Lästige Ausländer“ in der Weimarer Republik


Rund 10 Millionen Menschen sind nach dem Ersten Weltkrieg in Europa auf der Flucht.

Unter ihnen „Ostjuden“, die vor den mörderischen Pogromen in ihren osteuropäischen Heimatländern nach Westen fliehen – Sehnsuchtsziel USA. Doch die Vereinigten Staaten schließen ihre Grenzen. Die Fluchtroute über die deutschen Auswandererhäfen Hamburg und Bremen wird zu einer Sackgasse für viele Geflüchtete. Tausende dieser Gestrandeten suchen ihr Glück in Baden.

Sie kommen an in einem Land, das vom Krieg gezeichnet und politisch zerrissen ist. Das für die eigene Bevölkerung kaum genug zu essen, Wohnungen und Arbeitsplätze hat. Das nach „Schuldigen“ sucht und sie vielfach in der jüdischen Bevölkerung zu finden glaubt. Die neu ankommenden jüdischen Geflüchteten sind deshalb vielen unerwünscht.

Studierende der Universität Heidelberg haben monatelang in Archiven recherchiert und versucht, Lebenswege „lästiger Ausländer“ zu rekonstruieren sowie den Umgang der deutschen Gesellschaft und der Behörden mit den Geflüchteten zu untersuchen. Ihre Funde – zeitgenössische Akten, Briefe, Parlamentsdebatten und Zeitungsartikel – bringen sie in Zusammenarbeit mit der Theaterwerkstatt Heidelberg auf der Bühne zum Sprechen.

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Die szenische Lesung lädt ein zum Nachdenken über Flucht, Vertreibung und Ankommen, über den Umgang mit dem Fremden, über Ängste und Ressentiments, über Chancen und Grenzen. Die Lesung ist keine Geschichtsstunde, sondern ein Kaleidoskop persönlicher Schicksale und Meinungen.

Sie gewährt Einblick in ein fast unbekanntes Kapitel unserer Geschichte, das heute aktueller ist denn je.

Public History & Theater

Das Projekt ist angesiedelt an der Professur von Cord Arendes für Angewandte Geschichtswissenschaft – Public History der Universität Heidelberg. Unter Leitung von Nils Steffen haben Geschichtsstudierende im Sommersemester 2016 in Archiven und der Presse recherchiert, Quellen ausgewählt, transkribiert und mit der Theaterwerkstatt Heidelberg inszeniert. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichen sie in einem Begleitband zur szenischen Lesung. Das Projekt greift die Idee der Bremer Reihe „Aus den Akten auf die Bühne“ auf und vermittelt erstmals studentische Forschung zur Badischen Geschichte mit den Mitteln des Theaters.

Die Theaterwerkstatt Heidelberg ist seit Anfang der 1990er Jahre ein freies Ensemble theaterschaffender Künstler. Unter der Leitung von Wolfgang G. Schmidt wendet das Künstlerteam, das aus Autoren, Regisseuren, Schauspielern, Choreografen, Tänzern u.a. besteht, die gesamte Bandbreite des „Angewandten Theaters“ an. Als Wegbereiter des performativen und dokumentarischen Theaters macht sie es sich zur Aufgabe, Theater als Mittel und als Methode weiter zu entwickeln.

Die Dramaturgin Babette Steinkrüger hat die Arbeit der Studierenden begleitet und aus den Forschungsergebnissen eine szenische Lesung destilliert.

Anbei der Flyer:
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unter der Leitung von Theaterwerkstatt Heidelberg
Veranstalter: Public history Heidelberg, Universität Heidelberg, Innovationsfonds Kunst Baden-Württemberg & Theaterwerkstatt Heidelberg
Wo? Theaterwerkstatt Heidelberg: Klingenteichstr. 8, Nähe Bushaltestelle Peterskirche (Altstadt)
Wann? 06.10.2016 - 29.10.2016 19:30 (6., 11, 20. und 29. Oktober)
Kosten: 13€, ermäßigt 6€
Reservierung? 06221 725 95 52


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